
Leopold Museum – Alfred Kubin
Das Leopold Museum hat Alfred Kubin, dem großen Zeichner und geheimnisvollem Illustrator, seine erste Ausstellung 2022 gewidmet.
Nur noch bis 24.07.2022 !
Die Kunst Alfred Kubins, scheint aktueller denn je: Gewalt, kriegerische Zerstörung, Seuchen, Naturkatastrophen, Manipulation der Massen und andere Abgründe des menschlichen Seins prägten seine stark erzählerisch orientierten Arbeiten. Das Werk dieses fantastischen Schöpfers konfrontiert uns mit pessimistischen Visionen, die – frei nach Schopenhauer – die schlechteste aller denkbaren Welten skizzieren.
Nach einer von Scheitern und Depression geprägten Kindheit, übersiedelte Kubin 1898 nach München, wo er ein Kunststudium aufnahm. Kubins erster Besuch in der Alten Pinakothek hinterließ ihn „aufgelöst vor Seligkeit und Erstaunen“. Die Betrachtung von Max Klingers Radierungen beschrieb er als „Sturz von Visionen schwarz-weißer Bilder“. In der Folge lernte er, wie in seinen autobiografischen Notizen vermerkt, „das gesamte zeichnerische Werk von Klinger, Goya, de Groux, Rops, Munch, Ensor, Redon und ähnlicher Künstler kennen.“ Aus dieser Vielfalt von Impressionen und künstlerischen Positionen, vor allem aber aus den eigenen Erfahrungs- und Empfindungswelten und seiner überbordenden Einbildungskraft schuf Kubin ein unvergleichliches, geheimnisvoll-fantastisches Werk.

Die Ausstellung im Leopold Museum unternimmt den erstmaligen Versuch, die Kunst der Kubinschen Traumwelten, die allzu oft in alpdrückend-düstere Sphären vordringt, auch in ihrem Bezug zum Unbewussten, zu den Tiefendimensionen des Psychischen zu erfassen. Der Psychoanalytiker und Psychiater August Ruhs wird sich bei diesem Interpretationsvorhaben an Kubin-Werken orientieren, welche Kurator Hans-Peter Wipplinger themenbezogen ausgewählt hat. Die Werke Kubins werden dabei in einen Dialog mit Arbeiten von Künstlern des 19. Jahrhunderts wie der klassischen Moderne gesetzt, die als Inspirationsquellen für Kubins Schaffen dienten. Kubins dystopische Visualisierungen setzen sich aus realer und imaginärer Wirklichkeit zusammen: eine Synthese, in der das Unheimliche der pessimistischen Weltkonstruktionen auch immer wieder mit Humor, Ironie und Übertreibung versehen ist.
Die Dame auf dem Pferd, durch Ausstellungen in Berlin 1901 und 1903 und durch Veröffentlichungen bekannt gemacht, beunruhigte die zeitgenössische Kritik in beträchtlichem Maße, vielleicht, weil hier die zerstörerische Macht des Weibes, mehr noch als in den archetypischen, „zeitlosen“ Bildsymbolen Die Dame auf dem Pferd, durch Ausstellungen in Berlin 1901 und 1903 und durch Veröffentlichungen bekannt gemacht, beunruhigte die zeitgenössische Kritik in beträchtlichem Maße, vielleicht, weil hier die zerstörerische Macht des Weibes, mehr noch als in den archetypischen, „zeitlosen“ Bildsymbolen Kubins, in vergleichsweise modernem, „realistischem Gewand bedrohlich wird. Auf einem hölzernen Schaukelpferd reitet eine Dame im Reitkostüm der Belle Époque mit Zylinder und herrischer Wendung des Kopfes. Unter den scharfen Klingen der Schaukel werden kleine nackte Männerleiber grausam verstümmelt. Kubin selbst, meint Robert Breuer in Das Leben, „liegt zerfleischt unter dem Hackmesser, das über einer Kollektion von liebesbedürftigen Männern hin und her wippt“. Das Motiv der zerstückelten Männerleichen mag durch Franz von Stucks damals berühmtem Gemälde „Der Krieg“ angeregt worden sein. Kubin griff sein eigenes Motiv in dem späten Blatt Die Kaiserin von 1941 wieder auf, in dem eine Dame im schwarzen Reitkostüm der Sissi-Zeit mit Zylinder auf einem Schimmel – mit einer Schaukel unter den Hufen merkwürdig gebremst vor einer Landschaft reitet.